Von Gottfried F. Kasparek

Mieczysław Weinberg, der Sohn eines Musikers am Jüdischen Theater von Warschau, flüchtete als kaum 20jähriger Student vor den anrückenden Nazis in die Sowjetunion. Ein Grenzsoldat verstand seinen Namen nicht, so wurde aus Mieczysław für längere Zeit Moisej. Über Minsk, wo er weiter Komposition studierte, verschlug es ihn nach Taschkent. Dort schrieb er seine erste von 22 Sinfonien, die Schostakowitsch in die Hände kam. Der ältere Meister wurde zum tatkräftigen Förderer und Freund. Ab 1943 lebte Weinberg in Moskau als sowjetischer Komponist, der ähnlich wie sein Mentor versuchte, den schweren Weg zwischen staatlichem Terror und künstlerischer Verwirklichung zu finden. In Russlands Musikkreisen hochgeachtet, im Westen kaum bekannt, überlebte er zwar das Regime, erlebte aber nicht mehr den Welterfolg seiner Musik. Trotz einer gewissen Ähnlichkeit mit der Klangsprache von Schostakowitsch, die sich mehr in latenter Schwermut als in tragischer Ironie äussert, ist Weinbergs Musik höchst originell. Ihre aus slawischen und jüdischen Quellen gespeiste Melodik, ihre bei allem Festhalten an der Tonalität eigenwillig und häufig kühne Harmonik, ihre oft gelassene Melancholie und abgrundtiefe Wehmut schaffen besondere Atmosphäre. Neben Opern, Balletten, Orchesterwerken, Liedern, Theater-, Film- und Zirkusmusik schuf Weinberg ein reiches Oeuvre an Kammermusik, darunter 17 Streichquartette.




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